ETF-Steuern: So funktioniert die Besteuerung von ETFs für die Jahre 2018 / 2019 / 2020 / 2021
Bis 2018 war das Thema ETF-Steuer für viele Anleger sehr kompliziert und aufwendig. Die Begriffe „steuereinfach“ und „steuerhässlich“ bestimmten daher oft die Kaufentscheidung. Mit dem Investmentsteuerreformgesetz von 2018 änderten sich die Voraussetzungen grundlegend. Die ETF Steuerberechnung wurde wesentlich einfacher und einheitlicher. Dennoch bleibt die Steuer ein leidliches Thema, das durch das Bürokratendeutsch immer noch viele überfordert.
Damit Sie bei Ihrer nächsten Steuer nicht gänzlich verwirrt auf Ihre Anlage KAP im Elster-Portal starren, erklären wir Ihnen die ETF-Steuern umfassend mit anschaulichen Beispielrechnungen und praktischen Tipps.
Inhaltsverzeichnis: ETF-Steuern
ETF Steuer in 2018 / 2019 / 2020 / 2021
Das Steuerjahr 2020 ist gerade erst vergangen, da müssen alle deutschen Anleger bereits an ihre Steuererklärung denken. Doch keine Sorge: Wir klären auf, was Sie beachten müssen und geben Ihnen nützliche Tipps für Ihre Steuererklärung auf den Weg.
Zu Anfang betrachten wir aber kurz, was sich gesetzlich für ETF-Anleger in den vergangenen Jahren geändert hat.
Die Gesetzeslage: Das Investmentsteuerreformgesetz von 2018
Seit 2018 werden ETFs und andere Fonds anders besteuert. Ziel war es, die Besteuerung einheitlicher und einfacher zu gestalten. Zudem sollten gern genutzte Schlupflöcher wie die Steuerstundung bei thesaurierenden ETFs geschlossen werden.
Seit dem 1. Januar 2018 findet nun das Steuerreformgesetz Anwendung. Welche Auswirkungen es auf Ihre ETF Steuer hat, erläutern wir Ihnen hier kurz.
Im Schnellüberblick: Das ändert sich für ETF-Anleger
- Alle ETFs werden jährlich nach der gleichen Berechnung besteuert
- Kapitalertragsteuer von 15 % auf alle Dividenden werden automatisch von den Fondsgesellschaften abgeführt
- Quellensteuer auf ausländische Dividenden lassen sich nicht mehr auf die Abgeltungssteuer anrechnen
- Dafür profitieren Anleger von der Teilfreistellung
- Anleger müssen sich nicht mehr selbst um die Versteuerung kümmern
- Steuerunterlagen sollten dennoch für einen späteren Verkauf aufbewahrt werden
1. Erleichterung bei der Steuererklärung
Grundsätzlich war es sehr umständlich, seine ETFs korrekt in der Steuererklärung anzugeben. Denn für die Besteuerung machte es einen großen Unterschied, in welchem Land der ETF aufgelegt war, wie er den Index repliziert oder welche Ausschüttungsart er verfolgt.
- Deutsche Aktien in inländischen ETFs wurden nicht besteuert
- Steuerstundung mit synthetischen thesaurierenden ETFs möglich
- Bei ausländischen physisch replizierend thesaurierenden ETFs war eine Doppelbesteuerung wahrscheinlich
- Teil-Ausschüttung bei ausländisch ausschüttenden ETFs möglich
Durch diese uneinheitliche Regelung mussten Anleger bis zum Steuerjahr 2017 insgesamt 33 verschiedene Angaben zu ihren ETFs in ihrer Steuererklärung machen.
Mit dem Investmentsteuerreformgesetz von 2018 wurde dieses Durcheinander mit „steuereinfachen“ und „steuerhässlichen“ ETFs endlich abgeschafft.
Nun werden nur noch vier Faktoren für die Berechnung herangezogen:
- Höhe der Ausschüttung
- Fondswert am Jahresanfang
- Fondswert am Jahresende
Das erleichtert nicht nur die Bestimmung der Abgeltungssteuer durch Banken und ETF-Broker, sondern minimiert auch den Aufwand für Sie als Anleger.
2. Gleichstellung aller ETFs
Auf Dividendenerträge deutscher ETFs fallen nun 15 % Körperschaftsteuer an, die von den Fondsgesellschaften direkt an das Finanzamt abgeführt werden. Dieser Satz entspricht dem Quellensteuersatz aus den meisten Doppelbesteuerungsabkommen – in- und ausländische Fondsgesellschaften wurden so angeglichen.
Eine weitere Angleichung erfolgt auf der Ebene der Anleger: Unabhängig von der ETF-Form (thesaurierend oder ausschüttend) wird nun immer die jährliche Abgeltungssteuer berechnet.
Grundlage stellt der Basisertrag dar, den wir im nächsten Abschnitt näher erläutern. Dadurch ist eine Steuerstundung in der Form, wie sie vor 2018 gern genutzt wurde, nicht mehr möglich.
Aber: Dafür entfällt auch der hohe Dokumentationsaufwand bei physisch thesaurierenden ETFs.
3. Quellensteuer nicht mehr auf Abgeltungssteuer anrechenbar
Vor 2018 konnte die einbehaltene Quellensteuer auf ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche Fonds-Erträge angerechnet werden.
Das ist durch die steuerliche Gleichstellung nun zwar nicht mehr möglich, dafür können Anleger durch die sogenannte Teilfreistellung steuerlich entlastet werden.
4. Bestandsschutz fällt weg
Mit der 2009 eingeführten Abgeltungsteuer fielen alle Wertpapiere, die vor 2009 gekauft wurden, unter den Bestandsschutz und konnten noch nach alter Regel – d. h. ohne Versteuerung etwaiger Veräußerungsgewinne – verkauft werden.
Die neue Investmentsteuerreform hat diesen Beschluss nun wieder gekippt, allerdings mit zwei Einschränkungen, wodurch vor allem Privatanleger weiterhin einen Bestandsschutz genießen:
- 1. Alle Alt-Fonds, die vor dem 01.01.2018 veräußert werden, bleiben steuerfrei
- 2. Alt-Fonds, die ab 2018 verkauft werden, bleiben steuerfrei, sofern die Gewinne 100.000 EUR nicht übersteigen.
Steuereinfache und steuerhässliche ETFs
Vor dem Investmentsteuerreformgesetz im Jahr 2018 konnten ETF-Anleger nur hoffen, „steuereinfache“ ETFs oder einen ziemlich guten Steuerberater zu besitzen. Denn sobald ein ETF nicht in Deutschland aufgelegt war, wurde es mit der Steuererklärung kompliziert.
Viele Anleger nutzten daher einen Vergleich, um mit einem Depotwechsel oder Depotübertrag von einem großen Angebot an steuereinfachen ETFs zu profitieren.
Wie kommt es zur Unterscheidung zwischen steuereinfachen und steuerhässlichen ETFs?
Vor 2018 hing die Besteuerung von ETFs davon ab, in welchem Land sie aufgelegt und ob sie ausschüttend oder thesaurierend waren. Die simpelste Variante stellten ausschüttende Indexfonds aus Deutschland dar. Hier mussten sich die Anleger prinzipiell um nichts kümmern, da die Abgeltungssteuer automatisch abgezogen wurde.
Komplizierter wurde es hingegen, wenn diese beiden Bedingungen nicht zutrafen. Besonders hart traf es Anleger, deren thesaurierende ETFs den Index physisch replizierten und im Ausland aufgelegt wurden.
Dann musste der Dividendenersatz (bzw. ausschüttungsgleiche Erträge) jedes Jahr in die Steuererklärung übertragen und die dazugehörigen Unterlagen bis zum Verkauf der Fondsanteile aufbewahrt werden.
Auch einen Freistellungsauftrag konnten Sparer in solchen Fällen nicht geltend machen. Aufgrund dieses hohen Aufwands sprach man auch von steuerhässlichen ETFs.
ETF-Steuerberechnung: Das müssen Sie wissen!
Steuern sind nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Trader ein leidliches Thema. Wer sich noch nie mit den steuerlichen Aspekten von Wertpapieren auseinandergesetzt hat, wird wohl bereits beim Überfliegen erster Steuerbegriffe dreinschauen wie das berühmte Schwein vor dem Uhrwerk. Zu abstrakt sind die Begriffe, zu willkürlich erscheinen die Gesetzesvorlagen.
Diese Steuern fallen bei ETFs an
Damit Sie im beamtendeutschen Wirrwarr nicht den Überblick – und den Verstand – verlieren, erklären wir an dieser Stelle alle wichtigen Begriffe rund um ETF-Steuern und besprechen einige Beispielrechnungen für ein besseres Verständnis.
1. Abgeltungssteuer
Die Abgeltungssteuer – auch Kapitalertragssteuer genannt – beträgt 25 % und wird auf alle Gewinne erhoben, die Sie mit Ihrem Kapital erzielen. Darunter fallen also neben Dividenden auch Aktien- bzw. ETF-Verkäufe oder Zinsen auf einem Tagesgeldkonto.
Bei ETFs ist die Abgeltungssteuer immer fällig, wenn Sie Ausschüttungen erhalten, ETF-Anteile verkaufen oder Ihr thesaurierender Indexfonds über das Steuerjahr Kursgewinne verbucht.
2. Solidaritätszuschlag
Der Solidaritätszuschlag – kurz Soli – wird zusammen mit der Abgeltungssteuer abgeführt. Er beträgt 5,5 % der Kapitalertragsteuer, was eine gesamte Steuerlast von 26,375 % bedeutet.
3. Kirchensteuer
Seit 2015 können Sie optional auch die Kirchensteuer abführen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie Mitglied in der evangelischen oder römisch-katholischen Kirche sind. Dann behält das Finanzamt die Kirchensteuer zusammen mit der Abgeltungsteuer ein.
Die Kirchensteuer dient der Finanzierung der Kirche, etwa Kirchenbauten. Sie wird daher vom Finanzamt an die jeweilige Kirchgemeinde weitergegeben. Mormonen, Buddhisten oder Juden etwa sind nicht von dieser Steuer betroffen.
4. Körperschaftsteuer
Die Körperschaftsteuer wird von den Fondsgesellschaften abgeführt und beträgt 15 % der Dividenden.
Sie dient dem Zweck, deutsche und ausländische Emittenten anzugleichen. Daher entspricht die Körperschaftssteuer dem häufigsten Quellensteuersatz aus Doppelbesteuerungsabkommen.
5. Quellensteuer
Sind ETFs im Ausland aufgelegt, führen Sie dort – also an der Quelle – Steuern ab. Für die USA beträgt die Quellensteuer etwa 30 %.
Dank Doppelbesteuerungsabkommen zwischen einigen Ländern können Sie die gezahlten Quellensteuern in Ihrer Steuererklärung geltend machen. Das galt bis zum 031.12.2017 für alle Wertpapiere.
Durch die Reform der Investmentbesteuerung gilt dies seit 2018 aber nicht mehr für Fonds und ETFs.
Transaktionssteuer auf ETFs?
Was in Frankreich und Italien bereits Realität ist, wird hierzulande immer wieder diskutiert: Die Finanztransaktionssteuer. Bis dato gibt es aber keine Hinweise darauf, dass zeitnah auch in Deutschland Transaktionen mit dieser Steuer zusätzlich belastet werden.
Weitere wichtige Begriffe
Neben der Kapitalertragsteuer, die bei jedem Wertpapiergeschäft fällig wird, gibt es für Fonds als Unterkategorie und ETFs im Besonderen weitere Faktoren, die die Steuerberechnung beeinflussen.
Teilfreistellung
Die Teilfreistellung ist eine Art Ausgleich zur Körperschaftsteuer und soll eine zu hohe Doppelbesteuerung verhindern. Sie reduziert den zu versteuernden Anteil der Erträge.
Die Höhe der Freistellung orientiert sich dabei an der Fonds-Art:
Fonds-Art | Aktien-/Immobilienanteil | Höhe der Teilfreistellung |
---|---|---|
Aktienfonds | >= 51% | 30% |
Mischfonds | >= 25% | 15% |
Sonstige Fonds | < 25% | 0% |
Inländische Immobilienfonds | >= 51% | 60% |
Ausländische Immobilienfonds | >= 51% | 80% |
Basisertrag
Der Basisertrag ist die Grundlage für die Berechnung Ihrer zu zahlenden Abgeltungssteuer. Er setzt sich zusammen aus dem Basiszins, den die Bundesbank jedes Jahr neu bestimmt, und einem fixen Faktor von 0,7, um etwa Verwaltungskosten in der Berechnung mitzuberücksichtigen.
Für die letzten relevanten Jahre galten folgende Basiszinssätze:
- 2018 = 0,87 %
- 2019 = 0,52 %
Vorabpauschale
Die Vorabpauschale definiert die Höhe der zu berücksichtigenden Erträge aus Ihrem ETF. Sie setzt sich zusammen aus dem Basisertrag minus der Höhe der Ausschüttungen.
Dadurch lässt sich die Vorabpauschale sowohl auf ausschüttende wie auf thesaurierende ETFs anwenden.
Sparerpauschbetrag
Mit dem Sparerpauschbetrag können Sie Ihre Steuerlast deutlich senken. Die Abgeltungssteuer wird dabei nur für Erträge berechnet, die über diesem Freibetrag liegen. Für Singles beträgt er 801 EUR und für verheiratete Paare 1.602 EUR.
Ihren Freibetrag können Sie auf mehrere Finanzinstitute verteilen oder ihn nur für Ihr ETF-Depot nutzen. Richten Sie dafür bei Ihrer Bank oder Ihrem Broker einen Freistellungsauftrag ein.
Altersvorsorge
ETF-Sparpläne werden gerne zur privaten Altersvorsorge oder im Rahmen von vermögenswirksamen Leistungen (VL) genutzt.
Es gibt dabei drei Möglichkeiten, mit einem ETF fürs Alter vorzusorgen:
- ETF-Sparplan
- ETF-Rentenversicherung
- VL ETFs
Am steuergünstigsten sind VL-Verträge. Hier profitieren Sie von Zuschüssen und Steuervergünstigungen in Ihrer Steuererklärung. Allerdings ist die Höhe der Sparraten auf 40 EUR monatlich begrenzt.
Reine ETF-Sparpläne bieten zwar keine besseren Steueraspekte, überzeugen aber mit hohen Sparraten bei thesaurierender Anlage, einem damit einhergehenden Zinseszinseffekt und somit höherer Rendite.
ETF-Rentenversicherungen sind nur in der Auszahlung steuergünstiger, hier müssen Sie nur die Hälfte Ihres Gewinns versteuern. Dafür müssen Sie Verwaltungsgebühren hinnehmen, die Ihre Rendite im Schnitt um 0,8 % reduzieren.
Die Berechnung der ETF-Steuer
Nachdem wir alle Grundbegriffe erläutert haben, kommen wir nun zur eigentlichen Berechnung der ETF-Steuer.
Faktoren, die die Steuerhöhe beeinflussen
1. Persönlicher Steuersatz
Die Abgeltungssteuer beträgt 25 % und wird in der Regel auch so angewendet. Liegt Ihr persönlicher Einkommensteuersatz aber darunter, können Sie eine Günstigerprüfung beim Finanzamt beantragen. Dann werden Ihre Kapitalerträge nach dem niedrigeren Satz versteuert.
2. Zusammenstellung des Fonds
Die Teilfreistellung und somit der Anteil steuerbefreiter Kapitalerträge bemisst sich daran, wie hoch der Anteil an Aktien bzw. Immobilien in den Investmentfonds ist.
3. Höhe der Dividende
Die regelmäßigen Ausschüttungen und der Verkaufserlös sind maßgeblich für die Höhe der Abgeltungssteuer. Zudem entscheidet die Höhe der jährlichen Ausschüttungen, ob die Vorabpauschale Anwendung findet oder nicht.
4. Fondswert am Jahresanfang
Dieser Wert wird für die Berechnung des Basisertrages herangezogen.
5. Fondswert am Jahresende
Die Differenz vom Fondswert am Jahresende mit dem Wert am Jahresanfang bestimmt den realen Wertzuwachs Ihres ETF. Dieser wird mit dem Basisertrag verglichen.
6. Genutzter Freibetrag
Ihren Sparerpauschbetrag können Sie auch für ETF-Erträge nutzen. Dadurch reduziert sich Ihre Steuerlast ungemein.
Die Grundgleichungen
Für ein besseres Verständnis betrachten wir die Berechnung von hinten und arbeiten uns zu den einzelnen Bestandteilen vor. Die Gesamtsteuer (S-G) setzt sich aus zwei Variablen zusammen:
- Die Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale (S-VP)
- Die Abgeltungssteuer auf die Ausschüttung (S-A)
Es gilt:
Wie wird nun die Abgeltungssteuer auf Vorabpauschale (VP) und Ausschüttung (A) berechnet? Die Abgeltungssteuer beträgt inklusive Solidaritätszuschlag 26,375 %. Hinzu kommt die Teilfreistellung, die einen Teil der Erträge bei der Berechnung unberücksichtigt lässt. Die Höhe der Teilfreistellung wird von der Fondszusammenstellung bestimmt. Welche Sätze gelten, haben wir weiter oben beschrieben.
In unseren Berechnungen gehen wir der Einfachheit halber immer von Aktien-Fonds aus. Die Teilfreistellung beträgt daher 30 %, demnach werden nur 70 % tatsächlich versteuert.
Es gilt:
S-A = A × 0,7 × 0,26375
Die Ausschüttung (A) ist die Summe aller im Kalenderjahr erhaltenen Ausschüttungen. Diese können Sie leicht aus Ihren ETF-Unterlagen erfahren.
Die Vorabpauschale (VP) ist eine fiktive Ertragshöhe, die vor allem bei thesaurierenden ETFs angewendet wird. Sie setzt sich zusammen aus dem Basisertrag (BE) abzüglich der Ausschüttung, die ja separat versteuert wird.
Die Vorabpauschale kann aber nie kleiner 0 sein – denn das würde eine negative Steuer bedeuten, und der Staat selbst zahlt keine Steuern.
Es gilt:
Als Bemessungsgrundlage für die Vorabpauschale (VP) wird der Basisertrag (BE) herangezogen. Er setzt sich wiederum aus dem ETF-Wert zum Jahresanfang (W-JA), dem Basiszins (BZ) des entsprechenden Kalenderjahres und dem Faktor 0,7 zusammen.
Warum 0,7? Mit diesem Faktor sollen auch laufende Kosten wie Verwaltungsgebühren berücksichtigt werden.
Es gilt:
Der Basisertrag ist allerdings maximal so hoch wie der tatsächliche Wertzuwachs des ETF und mindestens 0. Ist der Wertzuwachs negativ, haben Sie also einen Wertverlust erlitten, beträgt der Basisertrag 0.
Diese Grundrechnung ist sehr abstrakt. Betrachten wir das Ganze also anhand einiger Praxisbeispiele für das Jahr 2019 für ein besseres Verständnis.
Thesaurierende ETFs
Beginnen wir mit der einfachsten Variante – die ohne Ausschüttungen.
Rechenbeispiel für hohe ETF-Gewinne
ETF-Wert am Jahresanfang: 10.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 10.500 EUR
Realer Wertzuwachs: 500 EUR
Ausschüttungen: 0 EUR
Basisertrag = 10.000 EUR x 0,0052 × 0,7 = 36,40 EUR
36,40 EUR < 500 EUR
Vorabpauschale = 36,40 EUR – 0 EUR = 36,40 EUR
Steuer auf Vorabpauschale = 36,40 EUR x 0,7 × 0,26375 = 6,72 EUR
Steuer auf Ausschüttungen = 0 EUR x 0,7 × 0,26375 = 0,00 EUR
Gesamtsteuer = 6,72 EUR + 0,00 EUR = 6,72 EUR
Rechenbeispiel für kleine ETF-Gewinne
ETF-Wert am Jahresanfang: 10.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 10.020 EUR
Realer Wertzuwachs: 20 EUR
Ausschüttungen: 0 EUR
Basisertrag = 10.000 EUR × 0,0052 × 0,7 = 36,40 EUR
36,40 EUR > 20,00 EUR
Vorabpauschale = 20,00 EUR – 0 EUR = 20,00 EUR
Steuer auf Vorabpauschale = 20,00 EUR × 0,7 × 0,26375 = 3,69 EUR
Steuer auf Ausschüttungen = 0 EUR × 0,7 × 0,26375 = 0,00 EUR
Gesamtsteuer = 3,69 EUR + 0,00 EUR = 3,69 EUR
Rechenbeispiel bei ETF-Verlusten
ETF-Wert am Jahresanfang: 10.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 9.500 EUR
Realer Wertzuwachs: -500 EUR
Ausschüttungen: 0 EUR
Basisertrag = 10.000 EUR x 0,0052 × 0,7 = 36,40 EUR
36,40 EUR > -500,00 EUR
Vorabpauschale = 0,00 EUR – 0 EUR = 0,00 EUR
Einfach gesagt: Es fällt gar keine Steuer an.
Ausschüttende ETFs
Etwas komplizierter sind ausschüttende ETFs. Haben Sie aber die vorherigen Berechnungen aufmerksam verfolgt, ist es ganz einfach.
Rechenbeispiel für hohe ETF-Gewinne und hohe Ausschüttungen
ETF-Wert am Jahresanfang: 10.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 10.500 EUR
Realer Wertzuwachs: 500 EUR
Ausschüttungen: 1.000 EUR
Basisertrag = 10.000 EUR × 0,0052 × 0,7 = 36,40 EUR
36,40 EUR < 500,00 EUR
Vorabpauschale = 36,40 EUR – 1.000 EUR = -963,60 EUR = 0,00 EUR
Steuer auf Vorabpauschale = 0,00 EUR × 0,7 × 0,26375 = 0,00 EUR
Steuer auf Ausschüttungen = 1.000 EUR × 0,7 × 0,26375 = 184,63 EUR
Gesamtsteuer = 0,00 EUR + 184,63 EUR = 184,63 EUR
Rechenbeispiel für hohe ETF-Gewinne und niedrige Ausschüttungen
ETF-Wert am Jahresanfang: 100.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 100.500 EUR
Realer Wertzuwachs: 500 EUR
Ausschüttungen: 100 EUR
Basisertrag = 100.000 EUR × 0,0052 × 0,7 = 364,00 EUR
364,00 EUR < 500,00 EUR
Vorabpauschale = 364,00 EUR – 100,00 EUR = 264,00 EUR
Steuer auf Vorabpauschale = 264,00 EUR × 0,7 × 0,26375 = 48,74 EUR
Steuer auf Ausschüttungen = 100 EUR × 0,7 × 0,26375 = 18,46 EUR
Gesamtsteuer = 48,74 EUR + 18,46 EUR = 67,20 EUR
Rechenbeispiel für kleine ETF-Gewinne
ETF-Wert am Jahresanfang: 10.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 10.020 EUR
Realer Wertzuwachs: 20 EUR
Ausschüttungen: 500 EUR
Basisertrag = 10.000 EUR × 0,0052 × 0,7 = 36,40 EUR
36,40 EUR > 20,00 EUR
Vorabpauschale = 20,00 EUR – 500 EUR = -480,00 EUR = 0,00 EUR
Steuer auf Vorabpauschale = 0,00 EUR × 0,7 × 0,26375 = 0,00 EUR
Steuer auf Ausschüttungen = 5 00 EUR × 0,7 × 0,26375 = 92,31 EUR
Gesamtsteuer = 0,00 EUR + 92,31 EUR = 92,31 EUR
Rechenbeispiel bei ETF-Verlusten
ETF-Wert am Jahresanfang: 10.000 EUR
ETF-Wert am Jahresende: 9.500 EUR
Realer Wertzuwachs: -500 EUR
Ausschüttungen: 1.000 EUR
Basisertrag = 10.000 EUR x 0,0052 × 0,7 = 36,40 EUR
36,40 EUR > -500,00 EUR
Vorabpauschale = 0,00 EUR – 1.000 EUR = -1.000 EUR = 0,00 EUR
Steuer auf Vorabpauschale = 0,00 EUR × 0,7 × 0,26375 = 0,00 EUR
Steuer auf Ausschüttungen = 1.000 EUR × 0,7 × 0,26375 = 184,63 EUR
Gesamtsteuer = 0,00 EUR + 184,63 EUR = 184,63 EUR
Steuer beim ETF-Verkauf
Was passiert nun, wenn die bereits versteuerten ETFs später verkauft werden? Laut Bundesfinanzamt werden alle bis dahin gezahlten Vorabpauschalen angerechnet. Sie sollten daher trotz der automatischen Steuerabführung alle Unterlagen bis zum ETF-Verkauf aufbewahren.
ETF-Steuer Rechner
Wollen Sie Ihre ETF Steuer berechnen, können Sie dies natürlich jederzeit händisch tun. Wem aber die Geduld oder das Verständnis fehlt, kann auf Online-Steuerrechner für ETFs zurückgreifen.
Hier müssen Sie lediglich einige Angaben zum Fondswert, der Fondsart und der Höhe der Ausschüttungen machen, und schon wird Ihnen die fällige ETF Abgeltungssteuer angezeigt.
Allerdings sind diese Ergebnisse eher als Orientierung zu verstehen, da ein möglicher Freistellungsauftrag und die Kirchensteuer nicht beachtet werden. Ebenfalls problematisch ist der Umstand, dass man das jeweilige Steuerjahr nicht einstellen kann.
Im Folgenden stellen wir Ihnen zwei gute ETF Steuerrechner vor. Beide nutzen den Basiszins für 2019 und berechnen die fällige Abgeltungssteuer, nicht nur die Vorabpauschale, wie es etwa bei der BNP Paribas / Consorsbank der Fall ist.
Dieser ETF-Steuerrechner ist sehr einfach zu bedienen und ist dank des Info-Icons so weit selbsterklärend. Leider werden in der Berechnung nicht alle Fondsarten beachtet, es fehlen in der Auswahl die in- und ausländischen Immobilienfonds.
Dieser ETF-Steuer Rechner ist zwar sehr minimalistisch und schmucklos gehalten, bietet aber alle notwendigen Informationen. Positiv ist, dass auch Immobilienfonds in der Berechnung berücksichtigt werden.
ETFs in der Steuererklärung richtig angeben
Theoretisch müssen Sie keine Angaben in Ihrer Steuererklärung machen. Ihre Depotbank führt die Abgeltungssteuer auf ETFs automatisch ab, Sie müssen also nichts mehr selbst berechnen oder angeben.
In einigen Fällen macht eine Angabe in der Steuererklärung aber Sinn:
- Bei bisher nicht in Deutschland versteuerten Kapitalerträgen
- Ihr Sparerpauschbetrag ist nicht vollständig ausgeschöpft
- Ihr persönlicher Grenzsteuersatz liegt unter 25 %
- Sie wollen Verluste und Gewinne mehrerer Depots miteinander verrechnen
- Sie zahlten zu viel Abgeltungssteuer
Um etwa Gewinne und Verluste aus mehreren Depots miteinander verrechnen zu können, müssen Sie diese in Ihrer KAP-Anlage im Elster-Formular angeben.
Wie am besten ETF-Verluste geltend machen?
Für Verluste aus dem Wertpapiergeschäft werden zwei Verlustverrechnungstöpfe genutzt.
Im ersten Topf werden Aktien miteinander verrechnet und alle weiteren Geschäfte (wie ETF, Derivate etc.) zählen in den zweiten Topf. Sie können daher keine ETF-Verluste mit Aktien-Gewinnen zusammenführen.
Solange Sie Ihre Konten und Depots bei nur einem Finanzinstitut führen, brauchen Sie sich um nichts weiter kümmern. Die Bank führt die Verrechnungstöpfe automatisch und aktualisiert sie monatlich.
Sind Sie allerdings Kunde bei mehreren Banken oder Online-Brokern, müssen Sie bei Verlusten eine Verlustbescheinigung von Ihrer Bank bzw. von Ihrem Broker anfordern. Diese können Sie dann in Ihrer Steuererklärung abgeben – denn nur hier lassen sich Gewinne und Verluste bei verschiedenen Instituten miteinander verrechnen.
Sie sind übrigens nicht verpflichtet, eine Verlustbescheinigung anzufordern. Tun Sie dies nicht, werden die Verlustverrechnungstöpfe bei Ihrem Depotanbieter automatisch ins nächste Jahr fortgeschrieben und mit etwaigen Gewinnen wieder verrechnet.
Fazit: Das gilt es bei der Besteuerung von ETFs zu beachten
Das Thema Steuern ist und bleibt ein Minenfeld für die meisten Anleger. Doch mit der Investmentsteuerreform von 2018 ist die Besteuerung von ETFs um ein Vielfaches einfacher geworden.
In den meisten Fällen müssen Sie auch gar keine Steuererklärung mehr abgeben, da die Banken und Broker die Abgeltungssteuer selbst berechnen und abführen.
Mit der neuen Steuerreform kommen aber auch unangenehme Änderungen: Die Quellensteuer kann nicht mehr geltend gemacht werden, der Bestandsschutz für Alt-Bestände fällt weg und eine Steuerstundung bei thesaurierenden ETFs ist kaum mehr möglich.
Zwar müssen Sie in den meisten Fällen Ihre Abgeltungssteuer nicht mehr selbst abführen, dennoch sollten Sie alle Unterlagen – vor allem, wenn die Vorabpauschale versteuert wird – bis zum ETF-Verkauf aufbewahren. Denn auch wenn die Vorabpauschale beim Verkauf angerechnet wird – am Ende liegt die Beweislast noch bei Ihnen.
Lassen Sie sich nicht von Schwarzsehern verrückt machen! Die Gesetzesgrundlage für ETF-Geschäfte wird sich auch in den nächsten Jahren immer wieder ändern. Wichtiger als das Portfolio an steuerlichen Aspekten auszurichten ist eine renditestarke und zukunftssichere Zusammenstellung.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Sind ETFs steuerpflichtig?
Wie alle Wertpapiergeschäfte ist auch auf Kapitalerträge aus ETF-Geschäften, die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 % sowie der Solidaritätszuschlag fällig.
Wann werden bei ETFs Steuern fällig?
Beziehen Sie Ausschüttungen, werden diese sofort an das Finanzamt übermittelt. Steuern auf die Vorabpauschale werden immer zum 02.01. des neuen Jahres berechnet und abgeführt.
Fallen durch die Steuerreform 2018 weniger ETF-Steuern an?
Das lässt sich so eindeutig nicht sagen. Für thesaurierende und nicht ausschüttende ETFs sind nun auch Steuern fällig, obwohl kein Verkauf stattfindet. Die Möglichkeit der Steuerstundung wurde damit massiv eingeschränkt.
Auch bei einigen anderen ETF-Formen wie Misch- oder sonstige Fonds sind aufgrund der niedrigen oder nicht vorhandenen Teilfreistellung und der nicht anrechenbaren Quellensteuer höhere Steuerzahlungen möglich. In anderen Fällen kann die Abgeltungssteuer sogar niedriger ausfallen.
Ist die Steuererklärung nun einfacher gestaltet?
Definitiv! Da die Abgeltungssteuer nun direkt von Ihrer Bank oder Ihrem Broker an das Finanzamt übermittelt wird, ist der Aufwand für Sie fast null. Es wird auf jeden ETF die gleiche Formel zur Steuerberechnung genutzt. Zudem entfällt die Dokumentationspflicht bei ausländischen ETFs, dafür müssen Sie diese gesondert in der Steuererklärung angeben.
Muss ich in bestehende ETF-Positionen aufgrund der Steuerreform eingreifen?
Durch den Wegfall der Einteilung in steuereinfache und steuerhässliche ETFs bietet sich Ihnen ein viel größerer Anlagehorizont. Sie können Ihr Portfolio nun besser mit physisch replizierenden ETFs diversifizieren, ohne Steuernachteile durch ausländische Aktienanteile befürchten zu müssen.
Lassen Sie sich aber von Reformskeptikern nicht verrückt machen! Zum einen sind die steuerlichen Auswirkungen nicht allzu groß, zum anderen können bereits nach wenigen Jahren neue Reformen auf den Weg gebracht werden (Zur Verdeutlichung: Abgeltungssteuer-Reform im Jahr 2009, Kirchensteuer im Jahr 2015, Investmentsteuerreform im Jahr 2018).
Wie gebe ich meinen ETF in der Steuererklärung an?
In den meisten Fällen müssen Sie gar nichts in Ihrer Steuererklärung eintragen, da die Abgeltungssteuer auf Ausschüttungen und Vorabpauschalen automatisch abgeführt werden. Wollen Sie allerdings Gewinne und Verluste von ETF-Depots mehrerer Anbieter miteinander verrechnen, ausländische ETFs versteuern oder eine Günstigerprüfung beantragen, müssen Sie Angaben in Ihrer Steuererklärung machen. Sie benötigen dazu die Anlage KAP.
Kann ich mit ETFs Steuern sparen?
Durch die neue Investmentsteuer-Reform ist es zunehmend schwerer geworden, Steuern über Steuerstundung zu sparen. Thesaurierende, nicht ausschüttende ETFs bieten dafür noch eine abgeschwächte Möglichkeit durch die niedrig angesetzte Vorabpauschale. Beim ETF-Verkauf ist die Steuerhöhe aber wieder gleich zu ausschüttenden ETFs mit gleichen Erträgen.
Wie wird die Vorabpauschale beglichen?
Kurz und knapp: Gar nicht. Die Vorabpauschale ist nur die Grundlage für die Ermittlung der Abgeltungssteuer. Die Abgeltungssteuer ihrerseits wird meist von Ihrem Verrechnungskonto, in einigen Fällen auch vom Referenzkonto beglichen. In seltenen Fällen verkaufen auch Banken ETF-Anteile für die Steuer-Begleichung.
Wie werden ETF-Altbestände versteuert?
Vor dem Investmentsteuergesetz fielen Alt-Bestände (ETF-Kauf vor 2009) unter den Bestandsschutz und wurden nach alter Gesetzeslage behandelt. Dieser Bestandsschutz wurde mit der 2018 eingeführten Reform gekippt.
Allerdings: Privatanleger sind davon immer noch befreit, da die Steuer erst ab einem Fondswert von 100.000 EUR greift.
Wird der Sparerpauschbetrag mit der Vorabpauschale verrechnet?
Nein. Wie bereits erwähnt, ist die Vorabpauschale nicht die ETF-Steuer. Die auf Basis der Vorabpauschale bzw. der Ausschüttungen berechnete Abgeltungssteuer inklusive Soli wird erst dann abgeführt, wenn der eingerichtete Freistellungsauftrag von maximal 801 EUR für Singles bzw. 1.602 EUR für Verheiratete für das entsprechende Depot aufgebraucht ist.
Wird die Vorabpauschale berechnet, wenn ETFs im laufenden Jahr ge- bzw. verkauft werden?
Ja, dann reduziert sie sich aber um die Monate, die Sie den ETF im entsprechenden Jahr nicht halten.
Ein Beispiel: Sie kaufen einen ETF im März. Damit wird die Vorabpauschale um 2/12 (also für die Monate Januar und Februar) reduziert. Ähnlich verhält es sich für ETFs, die Sie im laufenden Jahr verkaufen.
Werden die ETF-Steuern automatisch abgeführt?
Das kommt ganz auf Ihren Broker an. Für deutsche Banken und Broker lautet die Antwort ja. Ausländische Broker wie die französische BNP Paribas sind allerdings nicht an das deutsche Steuerrecht gebunden. Bei diesen Depot-Anbietern müssen Sie selbst die Abgeltungssteuer über Ihre Steuererklärung abführen.